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… und es hat Zoom gemacht!

Der Lockdown trifft auch die Bildungsbetriebe in der Landwirtschaft hart. Gerade Betriebe, die sich als ein weiteres wirtschaftliches Standbein umfangreiche Programme aufgebaut haben, mussten von einem auf den anderen Tag alle Veranstaltungen absagen. Geburtstagsfeiern, Schulklassenausflüge, Jahreskurse – alle zunächst gestrichen. Wie es weiter geht, ist offen.

Was tun in einer solchen Situation?

Wir haben eingeladen zu einer Zoom-Konferenz. Über Instagram und Facebook hatten wir den Termin und die Zugangsdaten gepostet. Angekündigt war ein offener Austausch – einerseits darüber, was das Erfahrungsfeld Bauernhof macht, andererseits aber auch dazu, wie sich die Situation auf den einzelnen Höfen darstellt.

Der kleine Teilnehmerkreis (sechs Bäuerinnen oder auch Erzieherinnen und Studentinnen, die an Bildungskonzepten mitwirken) und der Gründer des Erfahrungsfeld-Bauernhof verbrachten also den Abend vor dem PC. Während Nadja noch die letzte Eier-Lieferung ausführte, sich aber schon eingeklinkt hatte, stellten sich alle kurz vor. So wurde deutlich, mit wem wir es zu tun hatten. Hier reichten wenige Aussagen: Kommt man von einem Hof, was gibt es für Angebote, wo liegt der Hof? Dabei ging es darum, wirklich nur kurz zu hören und das Gefühl zu bekommen, der andere ist mir nicht unbekannt.

Nach der etwas ausführlicheren Schilderung, wie das Erfahrungsfeld Bauernhof arbeitet und dass die Begegnung und die Sinnestätigkeit, sowie die intensiven Fragen des Gastes Kernelemente der Veranstaltungen sind, war der Gesprächsraum geöffnet, um die Ist-Situation zu schildern. Und gerade, weil es kein intensives Programm wurde, war es so inspirierend. Wir sind uns auf Augenhöhe begegnet, konnten die Sorgen des Anderen mitfühlen und verstehen, verfielen jedoch nicht ins Jammern.

Deutlich wurde bei Anjas Beispiel folgendes: Wenn sich in Zukunft wieder Gruppen treffen sollen auf den Höfen, dann wird eventuell die Gruppengröße kleiner ausfallen. Wie soll man entscheiden, wer aus der bestehenden Gruppe kommen darf – und wer nicht? Was weiß man über die Familien, aus denen die Kinder kommen? Was, wenn in einer Familie der Opa mit im Haus lebt und das Kind sich während des Hofbesuchs ansteckt? Die Antwort ist nicht einfach. Aber eine Frage drängte sich doch auf: Warum übernehmen wir die Verantwortung über eine Entscheidung, die gegebenenfalls von den Eltern getroffen werden muss? Es scheint ja das Phänomen zu sein, dass wir gerade in komplexen Entscheidungssituationen lieber unsere Entscheidungsfreiheit abgeben, anstatt sie zu erfüllen. Warum sonst halten sich so viele an die Ausgangssperre, die von den politischen Führenden verhängt wurde? Was also tun, um sich in den eigenen Gedanken nicht im Kreis zu drehen?

Wir haben die Gedanken weiter fließen lassen und uns angehört, was andere derzeitig machen. Nadja erzählte von ihrem Brutprojekt, welches jetzt nicht mehr in den Schulklassen stattfinden konnte. Sie hat einen Online-Kurs auf elopage eingestellt, bei dem die Kinder in Videos die Entwicklung des Kükens im Ei bis zum Schlüpfen und die ersten Tage beobachten können. Ihre Jahrelange Erfahrung und Aufzeichnungen hat sie einfließen lassen. Und ganz nebenbei schildert sie, dass sie mit den Schülern in einer WhatsApp-Gruppe aktuelle Fragen austauscht.

Das wiederum bringt Anja auf die Idee, die Jahreskursteilnehmer ebenfalls in einer WhatsApp-Gruppe zu versammeln und ihnen besonders von Ereignissen auf dem Hof zu schildern. Da sie eine Mutterkuhhaltung haben, sind derzeit auf der Weide erste Kalbungen zu beobachten. Warum nicht den Gruppenteilnehmern davon erzählen und ihnen die eigene Verantwortung geben, bei einem Spaziergang mit der Familie Abstand zu halten?

Das wiederum brachte die Idee mit Meike ins Rollen: Meike vermittelt Bauernhofbesuche von Kindergartengruppen und Schulklassen auf Bauernhöfen in Bayern. Auch das Geschäft ist vollkommen zusammengebrochen. Was aber wäre, wenn man für Rundgänge auf Höfen Zeitfenster buchen kann und einer vorgegebenen Schnitzeljagt folgt? Jetzt wiederum meldet sich Julia und bringt ihre Kenntnis von Geocaching – also Schnitzeljagden per Handy – ein. Und Anja spinnt den Gedanke weiter, dass nicht einfach nur die Fakten über das Windrad oder die Fütterung der Kühe geliefert werden müssten, sondern – ganz im Sinne des Erfahrungsfeld Bauernhof – eben auch Anleitung zur sinnlichen Wahrnehmung gegeben werden: Was hörst Du, wenn Du dein Ohr an das Windrad legst?

Plötzlich hat es Zoom gemacht. Ideen wurden weitergesponnen, zaghaft angestoßen, aber auch hinterfragt: Wie geht man mit der Sicherheit um, da es viele Bereiche gibt, in denen es wirklich gefährlich ist? Auch hier zeigt sich, dass der Austausch unter den verschiedenen Teilnehmerinnen aus der Erfahrung und der eigenen Handhabung ermutigend wirkt. Manchmal helfen einfache Regeln, manchmal klare Gestaltungen des Ortes.

Was mich so begeistert hat, war dieser intensive Austausch und die Offenheit für Neues. Es brauchte das Gefühl, nicht allein zu sein, jemanden zu haben, mit dem man Mitdenken konnte, der die eigene Situation etwas nachvollziehen kann und – gerade, weil man an der gleichen Idee arbeitet – einen Impuls aus seiner eigenen Sichtweise formulieren kann. Dennoch bleibt jeder für seine eigenen Maßnahmen und Entscheidungen selbst verantwortlich.

Wir haben uns entschlossen, am 30.4.2020 wieder einen Zoom-Termin zum offenen Austausch anzubieten. Um 20:00 Uhr wird es losgehen. Die Zugangsdaten lauten wie folgt:

Zoom-Meeting beitreten
https://zoom.us/j/776060246

Meeting-ID: 776 060 246
Passwort: 200430
Wer sich per Telefon einwählen will, findet hier die länderspezifische Ortseinwahl: https://zoom.us/u/adNIe1cpU2

Über eine rege Teilnahme freuen wir uns sehr und hoffen mit diesem Impuls eure Ideen weiterhin zu unterstützen.