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Von der Vorstellung zum Tun

Heute mache ich gedanklich mit Dir einen Ausflug – zum Tauchen. Zugegeben: Ich bin noch nie getaucht, habe aber etliche Freunde und Bekannte, die sich diesem Hobby verschrieben haben. Und ein Ereignis davon will ich heute schildern.

In der Gesprächslandkarte 8×8 haben wir die drei Wiederstände “Kraft der Rechtfertigung”, “Kraft der Angst” und “Kraft des Zweifels” als nützliche Elemente zum Verständnis von Dialogen. In einem Workshop sprachen wir darüber, ob die Teilnehmenden diese verschiedenen Ängste und Wiederstände an sich selbst kennen würden. Und so erzählte mir eine Teilnehmerin ihre Geschichte:

“Ich war beim Tauchen und bin gerad ins Meer gesprungen, als ich eine große, weiße Qualle sah. Da bekam ich es mit der Angst zu tun. Sofort waren meine Erinnerungen da an die Begegnung mit diesen glibbrigen Lebewesen und den Erfahrungen durch Nesselfäden. Also fragte ich andere Tauchkursteilnehmer, ob diese Qualle gefährlich sei. Der erste sagte mir, die sei ungefährlich. Ich fragte den nächsten. Auch der antwortete gleichermaßen – und so habe ich bestimmt 4 oder 5 andere Menschen gefragt. Alle haben mir gesagt, dass die Qualle nicht gefährlich sei.

Ich konnte es nicht glauben. Die Angst verging nicht. Ich wusste zwar, was alle anderen sagten, konnte aber die Angst nicht überwinden. Bis mein Tauchlehrer kam. Er streckte die Hand aus, nahm die Qualle in die Hand und nahm meine Hand. “Sie ist nicht gefährlich. Komm, fass sie an, ich tue es ja auch” sagte er und ich berührte die Qualle. Erst da war meine Angst überwunden”.

Warum ich Dir diese Geschichte erzähle? Während der Führungen erleben wir allzu oft, dass Kinder – und auch Erwachsene – Angst haben. Wir reden auf sie ein, sie bräuchten dies nicht. Wir erklären – und bleiben damit auf der linken, analytischen Seite der Gesprächslandkarte. Wir arbeiten also gegen die Rechtfertigung – aber nicht gegen die Angst. Erst wenn wir einen konkreten Schritt ins Tun machen, wenn wir gemeinsam uns einen Schritt nähern, wenn wir die Hand nehmen und mit den Sinnen unser gegenüber erfassen, dann löst sich die Angst – manchmal. Manchmal braucht es viele kleine Schritte. Diese unbewusste, scheinbar irrationale Angst ist einerseits ein großer Gegner für neue Erfahrungen. Andererseits erleben Menschen, die diese Ängste überwinden ein viel tieferes Glücksgefühl und eine viel einschneidendere Erfahrung.

Wenn wir diesen Gedanken weiterführen, dann stellt sich die Frage, wo bringen wir unsere Gäste ganz individuell an die Grenzen ihrer Komfortzonen und einen kleinen Schritt über ihre eigenen Ängste hinaus? Und wie beachten wir dabei, dass wir nicht unserem Ziel folgen, sondern dem Ziel des Anderen? Nur wenn es zu seinem Ziel führt, wird er nachhaltig mitgehen können und sich so Schritt für Schritt entwickeln.

Wie macht ihr das in euren Führungen und Workshops?