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Anika Oppermann hatte es ermöglicht: Eine Rundreise mit mehreren Schnupperworkshops an verschiedenen Orten im Norden Deutschlands. Ziel war es, die Zertifizierung zum Erfahrungsfeld-Bauernhof-Begleiter bekannter zu machen und Mitstreiter zu finden in der Verbreitung der Methode. Dabei haben wir wie immer auch Neues gewagt, experimentiert und ganz aus den Bedürfnissen der Teilnehmenden heraus gearbeitet.

Jork – Obstbau Augustin

Obsthof Augustin
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Der Reihe nach: In Jork durften wir den Demeter-Obstbau- und Vermarktungsbetrieb Augustin besuchen und uns durch die derzeit leeren Hallen über den Hof bewegen. Gäste kamen von anderen Obstbaubetrieben aber auch aus der Projektabteilung eines Lebensmittelhändlers. Dort beschäftigt man sich schon länger mit dem Gedanken, wie man sich die Begegnung zwischen Landwirtschaft und Verbraucher intensivieren kann. Die Entdeckung des entschleunigten, jedoch vertiefenden Lernprozesses aus der Wahrnehmung und Beschreibung heraus, machte deutlich: Dies kann ein Weg sein, Kunden zu begeistern, Verantwortung nachhaltig aufzuzeigen und emotionale Erlebnisse zu schaffen. So wandelte sich der Begriff des Güllefasses in den der Pflanzenspritze. Vorurteile wurden aufgelöst und durch die intensive Wahnehmung entstanden Erkenntnisse über Zusammenhänge und weitere, tieferführende Fragen.

Der Fragenkatalog im zweiten Teil der Veranstaltung zeigte deutlich, dass wir erreichten, was wir wollten. Verständnisfragen nach konkreten Möglichkeiten im anderen Umgang mit Kindern und Jugendlichen tauchten auf – ebenso wie die Fragen, für welches Zielpublikum, für welche Gruppengrößen etc. sich die Methodik eignet.

Bad Gandersheim – Milchviehbetrieb Ebeling

Hof Ebeling
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Am nächsten Tag ging es weiter nach Bad Gandersheim. Auf dem Milchviehbetrieb von Familie Ebeling durften wir neben den Betriebsleitern auch den Lehrling und Gäste vom Obst- und Ackerbau begrüßen. Nach der Führung ergaben sich schnell weitere Erkenntnisse und Fragen, die in einer kleinen Runde weitestgehend beantwortet wurden:

„Ich gehe immer in die Rechtfertigung und nehme den Leuten die Luft“ meinte ein Landwirt, der zwar gerne Führungen macht, jedoch auch seine eigene Ungeduld erkannte.

„Ich schütte die Gruppe zu mit Informationen, was wir als Betrieb für die Umwelt machen. Ich komme gar nicht dazu, Fragen zu beantworten, weil die Gäste keine Fragen stellen – weil sie zugeschüttet sich mit zu viel Information. Sie hören nicht zu, wenn man zu viel Informationen gibt.“

Diese Äußerungen zeigen deutlich, dass die entschleunigte, wahrnehmende Haltung im Umgang mit Gästen erst ermöglicht, dass Fragen reifen können, und dass diesen erst dann auf den Grund gegangen werden kann.

Aufgeworfen wurden auch hier die Fragen, wie mit Gruppen umgegangen wird, die auseinanderlaufen, was man machen kann, wenn die Lehrer die Verantwortung einfach abgeben, oder wie eine Gruppe sinnvoll getrennt werden kann, wenn man die Gruppe nicht kennt?

Und natürlich wird auch nachgefragt, wie bei einer Führung im Sinne des Erfahrungsfeld Bauernhofs die eigene Botschaft transportiert werden kann. Im Sinne des Erfahrungsfeld-Bauernhof ist dies genau die Lücke: Wenn der Gast nicht bereit ist und mit echten Fragen an der Botschaft interessiert ist, dann kommuniziert man diese Botschaft besser nicht. Man kann jedoch durch das vorsichtige Lenken auf die Fakten und Möglichkeiten dem Gast die eigene Gedankenwelt entlocken und ihn damit zu konkreteren Fragen an den Landwirt hinführen.

Witzenhausen – Umweltkommunikation auf Gut Fahrenbach

Gut Fahrenbach
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Am Nachmittag ging es dann weiter nach Witzenhausen auf das Gut Fahrenbach. Dort wurden wir freundlich in Empfang genommen und mussten dem Wetter entsprechend das Programm etwas umstellen. Hier konzentrierten wir uns sehr stark auf die Methodik des Fragens und die Bedeutung von Fragen für den Frager. Humorvoll und doch sehr ernst nahmen die Teilnehmenden des Moduls „Umweltkommunikation“ unter der Leitung von Marina Hethke (Universität Kassel-Witzenhausen, Ökologischer Landbau) die Methodik auf und begannen gleich in der anschließenden Hofbegehung damit zu arbeiten. Kaum sprach einer aus er habe noch eine Frage, gab es gegen Ende immer wieder ein kleines Lachen zu hören, weil man genau merkte: Jetzt musst du aber genau fragen, um was es geht – sonst wirst Du durch Gegenfragen dahin gebracht, dass Du deine Frage erst mal wirklich konkret stellst.

Begonnen hatten wir mit einer kurzen Einleitung und Vorstellung, was das Erfahrungsfeld macht. Dann baten wir die Teilnehmenden, sich gegenseitig vorzustellen und zwar mit der Frage, die der jeweils andere nun an uns hat. Die folgenden Fragen sind dabei zum entstanden (wir haben sie hier nur etwas sortiert, um die Vielfalt der Fragen deutlicher zu machen):

Zur Idee des EFB

Welches Ziel verfolgst Du wenn Du das hier machst – was ist dein Ideal? Was motiviert dich, mit Erwachsenen auf den Bauernhof zu gehen und welche Ziele verfolgst du?

Wie läuft das mit der Finanzierung?

Wieviel wichtiger ist das selbst erfahren als dasvermitteln von Wissen in Bezug auf Kinder? Wie wichtig ist es, sie das selbst reflektieren zu lassen, als ihnen Wissen aufzudrücken?

Erachtest Du es als sinnvoll, dass Angestellte aus dem Lebensmittelbereich sich einen Hof ansehen und die Workshops mitmachen? Wie authentisch muss so eine Veranstaltung sein? Muss der Raum blitzeblank sein?

An wen richtet sich das Angebot?

Zum konkreten Ort

Wie oft bist du hier?

Zum Prozess des Workshops

Was erwartest Du davon, wie du mit uns angefangen hast?

Wie willst du im Laufe des Nachmittags die Begeisterung wecken, obwohl alle an einem unterschiedlichen Punkt sind? Wie stellst Du dir vor, dass du es bei den meisten schaffst?

Zur Methode Erfahrungsfeld

Wie schafft man es in einer heterogenen Gruppe alle mitzunehmen? Wie schafft man es generell, dass Unternehmen auf den Bauernhof gehen und Mist schippen?

Mit welchen Zielgruppen kommst Du auf einen Bauernhof und wieviel praktische Arbeit ist damit verbunden?

Wie schafft man den Spagat zwischen landwirtschaftlichem Wissen und Landwirtschaft in der ganzen Komplexität zu vermitteln?

Was ist die ideale Gruppengröße für so eine Veranstaltung?

Was ist der Unterschied zur Bauernhofpädagogik?

Was soll allgemein vermittelt werden? Was sind die Ziele?

Wen man eine Veranstaltung im Hof macht, stellt man dann trotzdem den ganzen Hof vor oder bleibt man in dem Bereich?

Welche Rolle nimmst Du ein bei der ganzen Sache – vermittelnd oder anleitend?

Ist die Methode immer dieselbe ist oder bist Du flexibel?

Die Entwartung

Statt nun jedoch die Fragen einfach zu beantworten, widmeten wir uns im Folgenden ganz den verschiedenen Fragen und ihren – von den Fragestellenden hineingelegten Bedeutungen. Zunächst jedoch machten wir deutlich, dass sich diese Fragen sicherlich nicht alle in den kommenden 2,5 Stunden beantworten ließen. Diese Entwartung ist auch Bestandteil unserer Führungen: Erwartungen erkennen und dem Gast mitteilen, dass wir, wenn wir entdeckend den Hof erkunden, vielleicht nicht alle Fragen beantworten können.

Die Gesprächslandkarte 8×8®

Nachdem wir feststellen konnten, dass keine der gestellten Fragen persönlich formuliert war und es in der Regel um den Wunsch nach allgemeiner Erklärung oder unserer persönlichen Meinung ging, begannen wir darzustellen, was sich hinter jeder gestellten Frage verbirgt: Die Vergangenheit und die Zukunft des Fragenden, seine Meinungen, Begriffe und Vorurteile genauso wie auch seine Wahrnehmungen und faktischen Erfahrungen. Aber auch seine persönlichen Ideale, Zielsetzungen und Visionen, sowie die Suche nach den möglichen Schritten dorthin.

Ausgestattet mit diesem Wissen ging es dann doch auf den Hof. Und beim ersten Umschauen entstanden schon Fragen zum Betrieb. Statt hier zu antworten, begannen die Teilnehmenden direkt Rückfragen zu stellen – und entdeckten so, wie sich die Gruppe entlang des Interesses des Fragenden in Bewegung setzte und Zusammenhänge des Hofes erkundete.

Wir zeigten ihnen die Gesprächslandkarte 8×8, die als Modell erlaubt, zu verstehen, welche Fragen als Gegenfragen entwickelt werden können. Alle Teilnehmenden bekamen zum Abschluss das Zertifizierungs-Heft in die Hand und das zweite Modul der Zertifizierung anerkannt.

Feedback

Im Feedback zeigte sich dann, dass alle einige neue Impulse mitgenommen hatten und auch umsetzen wollten. Auch in unserem persönlichen Rückblick konnten wir gut nachempfinden, an welchen Stellen die Wirkungen entstanden und wie selbst die Rückfragen der Teilnehmenden durch das Befragen zu immer neuen Überraschungen führten. Sehr spannend war für uns, das trotz vorheriger Entwartung am Ende alle Teilnehmenden sagten, ihre Fragen wären beantwortet worden oder hätten sich weiterentwickelt – obwohl sie während des Workshops kaum angesprochen worden sind.

Wenn auch Du Lust hast, einen solchen Workshop mal mitzumachen oder mit uns gemeinsam zu organisieren, dann trau dich und melde dich bei uns. Wir brauchen mindestens 8 Teilnehmer für unsere Workshops – dann können wir Termine verabreden und gemeinsam in die Bewerbung solcher Veranstaltungen gehen.