Diese Frage stand als Titel einer Erwachsenenweiterbildung auf dem Bauernhof. Als die Bäuerin davon auf der Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof (BAGLoB) erzählte, kam es zu sehr gespaltenen Reaktionen. Wir bringt man dies den Gästen auf dem Betrieb bei?
Ihr Vorschlag, den ich auch unterstütze, lautete: Möglichst einfach die Fakten gegenüberstellen. Wieviele Hühner leben auf einem Quadratmeter Stallfläche? Woraus setzt sich das Futter zusammen? Welche Maßnahmen werden beim Anbau von Getreide von der Saat bis zur Ernte durchgeführt?
Die Kunst in dieser Vermittlung: Wirklich nur die Fakten darstellen und diese nicht zu bewerten. Dann kann es gelingen, dass der Gast sich die Frage stellt, welche Landwirtschaft für ihn die bessere ist.
Warum kommt es aber dennoch zu starken Angriffen, emotionalen Verteidigungsreden und Polemisierung?
Das wird an einem anderen Vortag deutlich: Ein Betriebsleiter stellte seine Bildungsarbeit vor und betonte, dass er ein konventioneller Schweinemast betrieb sei. Ein Foto zeigte drei Schweine aus seinem Stall. Eines davon schaute in die Kamera, die beiden anderen hatten den Kopf gesenkt. Ein bischen Spaltenboden konnte man bei genauem Hinschauen erkennen – und die Stallwand. Dann kam seine Aussage: „Das Bild täuscht – die Schweine haben bei uns mehr Platz, als es hier aussieht“.
Diese kleine Bemerkung ist an ein Publikum gerichtet, von dem er sich kritisiert oder sogar angegriffen fühlt. Anders ist diese Bemerkung nicht zu verstehen, denn niemand hatte danach gefragt. Aber sie bewirkt einen Stimmungswandel.
Betrachtet man hingegen die Vorträge der Betriebe aus dem Ökolandbau, gibt es dort viel häufiger eine deutlich positive Haltung: “Ich will das so für mich, ich finde das gut, was ich tue, ich lerne darin und habe meinen Weg gefunden”. Bei einem Vortrag wurde sogar der Blick auf unsere Erde geworfen als Motivation, die Arbeit so zu machen, dass die Erde uns erhalten bleibt.
Die Kollegen von der konventionellen Seite betonen mehrfach, dass sie auch nachhaltig wirtschaften wollen, dass sie selbstverständlich umweltschonend arbeiten. Aber immer wieder schwingt ein leiser Ton der Entschuldigung, der Verteidigung mit.
Die Ambivalenz und Unentschlossenheit der Akteure wirkt sich auf mich als Zuhörer aus: Ich werde zur Provokation geradezu gezwungen und muss mich bewusst zurückhalten, mich nicht dazu zu äußern. Wir sollten meiner Ansicht nach lernen, uns wirklich auf Augenhöhe zu begegnen, uns als das zu verstehen, was wir sind: Menschen, die jeder ihr Bestes geben, um nachhaltig und zukunftsfähig zu arbeiten. Und BetriebsleiterInnen, die eine große Verantwortung ernst nehmen und diese an ihre Gäste weitergeben wollen.
Die Unterteilung in Bio oder Konventionell macht aber aus einem weiteren Aspekt keinen Sinn mehr: Der Begriff Konvention bedeutet eine Verabredung oder Übereinkunft. Die konventionelle Landwirtschaft ist daher die, die in Übereinkunft ausgeübt wird. Gibt es denn diese Übereinkunft überhaupt? Und wer müsste sie treffen?
Wenn die Landwirtschaft sagt, sie handele in Übereinkunft mit den Verbrauchern, dann bedeutet eine zunehmende Kritik der Verbraucher, dass diese Übereinkunft nicht mehr existiert. Und vielleicht sind dann zukünftig die Biobetriebe die neuen konventionellen Betriebe?
Wir werden nicht umhin kommen, Landwirtschaft und Gesellschaft neu zu denken und um neue Übereinkünfte zu ringen. Wir sind auf einem guten Weg und sollten diesen auch weiterhin beschreiten. Nur wird es deutlich mühsamer, wenn wir bereits untereinander durch Pauschalisierung uns gegenseitig Rechtfertigen und Entschuldigen. Wir müssen bei unserer Sprache beginnen und Unterscheidungen unterlassen, nach denen wir nicht gefragt wurden. Jedem der Akteure, der sich mit der Beziehung zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft befasst, sollten wir zumuten, dass er es mit bestem Gewissen und seinen besten Fähigkeiten macht. Und wir sollten uns gegenseitig unterstützen darin so gut zu werden, dass wir keine Zumutung für die Gesellschaft werden. Gelingen kann uns dies, indem wir helfen einfach nur wahrgenommen zu werden. Dann wird die Frage, was denn eigentlich die richtige Landwirtschaft ist, so massiv zu unseren Gästen gelegt, dass diese echtes Interesse für ihre Verantwortung entwickeln können.
In diesem Sinne wünsche ich Euch allen ein gutes Gelingen!